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Naturalismus

Darstellungsweise: Im übertragenen Sinne spricht man in der Kunstgeschichte unabhängig von einer Epoche von einer Tendenz zum Naturalismus oder einer naturalistischen Darstellungsweise, wenn Künstler in ihrer Arbeit teilweise naturalistische Ziele verfolgen, also eine gleichsam positivistische, wertneutrale Abbildhaftigkeit in ihren Werken zeigen. Beispiele finden sich etwa in den spätmittelalterlichen Handschriften und Tapisserien, in der altniederländischen Malerei, sowie bei einigen Malern des 19. Jahrhunderts, die es auf diese Weise vermieden haben – im Gegensatz zum Realismus – mit ihrer Kunst gesellschaftliche Positionen zu beziehen.

 

Das Grundprinzip lag in der neuen Darstellung der Natur. Sie nicht nach klassischen Prinzipien mehr gemalt werden, wie es zu jener Zeit an den Kunstakademien üblich war. Das neue Bild der Natur sollte frei von Idealen und romantischen Stimmungen sein. So setzten sich die Naturalisten das Ziel die Natur so zu malen wie sie ist.

Möglich wurde für sie diese Vision erst durch die Zinkfarbtuben. So konnten die Künstler ihre zuvor gemischten Farben ohne weiteres mit in die freie Natur nehmen. Besonders Vertreter der Schule von Barbizon arbeiteten in diesem Stil. Besondere Merkmale des Malstils waren die verschiedenen Perspektiven und die Darstellung von Licht und Schatten. Die Künstler erhoben einen hohen Anspruch auf die farbliche sowie anatomische Richtigkeit und forderten ausreichend scharfe Abbildung der Motive.

Das bekannteste Bild aus dieser Epoche stammt von einem Vertreter dieser Schule. Jean Baptiste Camille Corot malte das bekannte Bild “Die Ährenleserinnen”. Es zeigt ein paar Frauen bei der Ernte und ihrem alltäglichen Leben, was damals als Motiv sehr unüblich war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in Bildern niedere soziale Schichten der Gesellschaft ausgespart. Doch das Ziel der Künstler war klar: Das Hässliche, Unterprivilegierte und auch das Hässliche in der Welt sollte durch sie einen Platz in der Kunstwelt bekommen.

Als programmatische Schrift am Anfang des Naturalismus stand Jules Antoine Castagnarys Manifest La philosophie du salon de 1857 (1858), das sich auf Malerei bezog, aber auch großen Einfluss auf die Literatur (namentlich auf Emile Zola) hatte. Das Ziel des naturalistischen Künstlers ist eine Abbildung der gegenständlichen Welt, ohne das sozial Niedrige, das einfache Leben auszusparen. Die äußere Richtigkeit bietet allerdings keine Garantie für innere Wahrheit. Daher ist der bildnerische Naturalismus des 19. Jahrhunderts ebenso wie der literarische mit sozialem Engagement gekoppelt.

Die Begriffe Naturalismus und Realismus sind in diesem Kontext nicht präzise voneinander abzugrenzen. Realismus kann bedeuten, dass die Darstellungsweise trotz ihres sozialen Engagements noch stärker der Romantik verhaftet ist. Der Realismus hat den Anspruch, über das Äußerliche hinweg zum Wesentlichen, zur inneren Wahrheit vorzudringen. Naturalismus kann auch etwa bedeuten, dass der Freilichtmalerei gegenüber der Ateliermalerei der Vorzug gegeben wird. In dieser kunsttheoretischen Auseinandersetzung spielte der französische Maler Gustave Courbet seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Rolle des Wegbereiters.

Quelle:      http://www.kunst-wissen.net/